„Hier entsteht der Straßenverkehr der Zukunft“, sagt Micha Lesemann. Er ist Geschäftsführer der Aldenhoven Testing Center GmbH. Dort, wo bis 1992 die Zeche Emil Mayrisch Steinkohle förderte, ist ein Gelände entstanden, das europaweit zu den ersten Adressen für den Testbetrieb zukunftsweisender Mobilitätssysteme zählt. Schon viele Straßenfahrzeuge und auch Drohnen haben hier ihre Runden gedreht, darunter nahezu alle namhaften OEMs wie McLaren, Porsche, Smart oder Skoda. Auch System- und Softwareanbieter wie MIRA sind regelmäßig auf dem 40 Hektar großen Gelände zu Gast. Mehr als 200 Unternehmen testen hier regelmäßig im Live-Betrieb – im Außenring auf einer Ovalbahn, im Innenraum in einer kompletten städtischen Verkehrsumgebung. Auch Bremsen- und Schlechtwegstrecken sowie Steigungshügel, Fahrdynamikfläche und Handlingkurs stehen zur Verfügung. Sogar ein eigenes Autobahnsegment in direkter Anbindung kann genutzt werden: „Hier in Aldenhoven werden alle Level autonomer Mobilität getestet“, so Lesemann.
Betrieben wird das Aldenhoven Testing Center (ATC) vom Kreis Düren und einer Tochtergesellschaft der nahegelegenen RWTH Aachen. Deren Institute für Kraftfahrzeuge (ika), für die Thermodynamik mobiler Energiewandlungssysteme (tme) und für Regelungstechnik (IRT) sind direkt beteiligt. Gefördert wurde das Testfeld aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen, des Bundes und der Europäischen Union.
Funkspektrum und Bandbreite europaweit führend
Das digitale Herzstück der Anlage ist das von Vodafone betriebene Netz. Denn ohne Netzempfang läuft in der Mobilität von heute und morgen wenig. Bereits 2019 ging die erste in Deutschland betriebene 5G Funkstation im 5G Mobility Lab „on air“. Die Anlage, deren zentraler Funkmast dort steht, wo früher der Förderturm stand, bietet europaweit eine der modernsten Mobilfunk-Entwicklungs- und Prüfumgebungen für den vernetzten und autonomen Verkehr der Zukunft: „Funkspektrum und Bandbreite, die wir hier abdecken, sind europaweit unique“, sagt Michael Bösinger. Er ist bei Vodafone der Head of Section Technology Innovation Development. Unter seiner Leitung wurde der Labor Netzbetrieb auf- und ausgebaut. Inzwischen können außer vordefinierten Standardkonfigurationen individuelle Konfigurationen bereitgestellt werden. Dafür stehen außer 5G auch GSM, LTE und NB IoT im Live-Netzbetrieb zur Verfügung. Damit lässt sich in Verbindung mit kundenspezifischen ICT-Komponenten und -Lösungen das erforderliche Ökosystem für Automobil- und Mobilitätsanwendungen erstellen und vom Leitstand aus steuern, überwachen und auswerten. Dabei ist „Safety first“ oberste Priorität. In dieser Test-Philosophie lernender Systeme liegt seinen Worten nach auch der Unterschied zum bereits angelaufenen Real-Life-Betrieb in den USA und China: „Vieles wird außer von den regulatorischen Rahmenbedingungen davon abhängen, dass wir Netzwerke schaffen, die unter einem Dach für verschiedene Verkehrsträger verfügbar ist“, ist sich Bösinger sicher.
Statt Kohle wird Mobilität 4.0 gefördert: Nordrhein-Westfalen ist ein Zentrum mobiler Mobilitätssysteme
Längst hat sich die Region zwischen Aachen, Düsseldorf und Köln zu einem bundesweiten Zentrum für die Forschung, Entwicklung und Erprobung neuer Mobilitätskonzepte entwickelt. In Wegberg-Wildenrath, gut 35 Kilometer entfernt von Aldenhoven, betreibt Siemens Mobility eine der weltweit größten Teststrecken für den Schienenverkehr. In Monheim, unweit von Köln, verkehren seit 2020 die bundesweit ersten autonom fahrenden Busse im Stadtverkehr auf Level 4. In Düsseldorf entwickelt die Rheinmetall-Tochter MIRA teleoperierte Fahrzeugsysteme, die im Testbetrieb bereits erfolgreich auf Stadt- und Autobahnstrecken fahren. Zur XPONENTIAL Europe wird das Unternehmen einen teleoperierten Shuttle zwischen dem Messegelände und der Düsseldorfer Innenstadt anbieten.
„Nordrhein-Westfalen entwickelt sich zur Leuchtturm-Region für automatisierte und vernetzte Mobilität.“, sagt Professor Dr. Lutz Eckstein. Er ist wissenschaftlicher Leiter von „innocam.NRW“. In dem 2020 vom Institut für Kraftfahrzeuge (ika) der RWTH Aachen initiierten Netzwerk aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung wird eine verkehrsträgerübergreifende Vernetzung aller relevanten Akteure im Bereich der automatisierten und vernetzten Mobilität angestrebt. Das Ministerium für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen fördert das Projekt: „Nordrhein-Westfalen bietet optimale Bedingungen zur Etablierung dieses interdisziplinären Netzwerks“, sagt Eckstein: „Die automatisierte und vernetzte Mobilität wird bereits heute in vielfältigen Pilotprojekten durch exzellente Forschungsverbünde entwickelt, auf einzigartigen Erprobungsfeldern in NRW wie zum Beispiel dem Aldenhoven Testing Center (ATC) getestet und durch Unternehmen der Mobilitätsbranche, Start-ups, Forschungseinrichtungen und Gebietskörperschaften vorangebracht.“
Düsseldorf als idealer Standort der XPONENTIAL Europe
„Die laufenden Forschungsprojekte und Entwicklungen zeigen, dass Nordrhein-Westfalen und die Region zwischen Rhein, Ruhr und Weser eine führende Rolle bei der Mobilität 4.0 haben. Hier ist der Markt, hier sind die Innovationstreiber und hier ist die Kompetenz der Messe Düsseldorf als weltweit agierender Partner im Industriesektor. Deshalb ist Düsseldorf der ideale Standort für die XPONENTIAL Europe“, sagt Malte Seifert, Director Metals & Autonomous Technologies der Messe Düsseldorf. Er ist verantwortlich für die XPONENTIAL Europe, die im kommenden Jahr ihre Premiere in Düsseldorf feiert. Zentrale Themen der Messe sind autonome Systeme und Robotik.